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Mittwoch, 18. April 2012

Es geht ja nicht um den Islam

Da darf man sich nichts vormachen: die Islamfeindlichkeit, die allenthalben zu spüren ist, ist eine Ausländerfeindlichkeit, nur anders verpackt. Man muss nichts mehr gegen Ausländer haben, man hat etwas gegen Muslime oder, salonfähiger, neuerdings gegen Salafisten.

Nun ist es nicht so, dass ich die Leute nicht verstehen kann. Dazu muss ich ein wenig ausholen.


Ich bin in Baden-Württemberg aufgewachsen und in der Kleinstadt, wo ich zur Schule gegangen bin, gab es sie, diese Ausländer (ja, damals durften die noch so heißen, denn sie kamen ja aus dem Ausland). Italiener, Spanier, Jugoslawen, ein paar Griechen, die Türken nicht zu vergessen. Die Spanier und Italiener und ein wenig auch die Jugoslawen (kann sich jemand an das Land erinnern?) haben mich (und ich glaube nicht nur mich) fasziniert, denn sie brachten mental den Süden mit, Leichtigkeit, dolce vita sozusagen, etwas das in meiner engen schwäbischen Jugend elektrisierend wirkte. Dann natürlich das Essen: Eiscafés, Imbissbetriebe, später auch viele Restaurants waren fest in der Hand der Südländer.

Nicht so mit den Türken. Die waren auch nett (und ich kann mitreden, in meiner Klasse gab es fünf: zwei Jungs, drei Mädchen) - aber sie waren und blieben fremd. In der Grundschule ging das noch, in späteren Jahren immer weniger. Weder konnte man sie zu Hause besuchen, noch nahmen sie an etwas teil, was wir gewohnt waren. Die Mädchen sowieso nicht, die kamen irgendwann mit Kopftuch in die Schule und wurden immer zugeknöpfter mit jedem Jahr, das verging. Dass sie soviel von ihrer seltsamen Religion hielten, irritierte natürlich auch, Christsein war schließlich eine Sache, die mit sonntäglichem Kirchbesuch, Beichte und Tischgebet abgehakt war und keinerlei Einfluss auf meinen Alltag hatte.

Ich habe das damals nicht verstanden, ich wusste wenig bis nichts über den Islam und die Gegend, aus der die Türken kamen. Die Leute waren halt fremd, irritierend, verstörend und mir kam es so vor, als wollten sie nichts mit uns netten Mitteleuropäern zu tun haben. Arrogant kamen sie mir vor, sektiererisch und abweisend. Dann halt nicht, dachte ich und wandte mich anderen zu.

Wenn ich heute Leute ihr Unbehagen über Muslime ausdrücken höre und lese, glaube ich zu spüren: denen geht es genauso wie es mir damals ging. Muslime in Deutschland besitzen die "Frechheit", anders zu sein. Das irritiert. So etwas mögen die Leute nicht, und würde ich inzwischen nicht viele NordafrikanerInnen, TürkInnen und IranerInnen persönlich kennen, wäre es bei mir vielleicht - nein, ganz bestimmt - immer noch genauso. Ein wenig schäme ich mich dafür.

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