Feinde

Also, ich finde das ist eine wirklich komische Sache: da gehen Menschen los und versuchen, ein mehr oder minder untadeliges Leben zu führen. Naja, im Rahmen des eigenen, bekanntlich schwachen Charakters halt. Sie versuchen, sich von Sünde fernzuhalten, das Gute zu tun und das Schlechte zu unterlassen. Naiv wie ich ja manchmal bin, habe ich immer gedacht, das müssten alle gut finden.
Tun sie aber nicht, im Gegenteil: ein tugendhaftes Leben (ist das nicht ein ganz wunderbares altmodisches Wort?) scheint Menschen zu provozieren. Als Spaßbremse tituliert zu werden ist da noch eine der harmloseren Folgen. Warum bloß? Haben die Leute ein schlechtes Gewissen, fühlen sich insgeheim ertappt? Oder ist Alkoholmissbrauch, üble Nachrede und die Sexualisierung des Alltags einfach so sehr Bestandteil unserer Kultur geworden, dass es aussätzig macht, daran nicht teilnehmen zu wollen?
Vielleicht liegt die Provokation für die "Normalen" auch darin, dass ein Mensch anerkennt, dass es jemanden über ihm gibt. Dass er sich unter etwas unterordnet, was nicht von Menschen gemacht ist und dadurch frei wird, wirklich frei. Denn wenn ich nur Allahs Gesetze befolge, bin ich nicht mehr erpressbar. Man kann mir meinen Job nehmen, meine Wohnung, meine Freiheit, aber Allah, der bleibt. Wer diese Gewissheit hat, der ist wahrhaft frei. Und wirklich freie, nicht korrumpierbare, Menschen waren immer eine Bedrohungfür die Alltagsgesellschaft. Sie sind zu allen Zeiten dafür verfolgt worden.
So gesehen können wir fast ein bisschen stolz sein auf die Ablehnung, die uns hier und da entgegenschlägt, denn sie ist ein Zeichen dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind.