Mein Hineinwachsen in den Islam ist, das wird mir immer wieder klar, begleitet von Wunschdenken, was den Grad der Veränderung angeht. Ich dachte, naja, Allah hilft mir, mit meinen vielen ungelösten Problemen zu Rande zu kommen. Ich dachte, ich finde Heimat, Stabilität, Orientierung.
Das stimmt auch. Aber natürlich hat das Folgen.
Dass alkoholisierte Menschen mich abstoßen ist nicht neu - aber ich kann es nun nicht länger ignorieren. In einer komplett muslimfreien Umgebung ist das ein Problem, schließlich will ich mich nicht von der Welt abschotten. Für alle Menschen, die ich kenne - Familie, Freunde, Kunden - gehört zu Geselligkeit Alkohol dazu und ich werde mich damit arrangieren müssen. Leicht ist das bisweilen nicht.
Schwerer wiegt aber die Vorstellung, die ich zunehmend über moralisches Verhalten habe. Lästern, Notlügen, Mauscheleien aller Art will ich bei mir ablegen (vermutlich ein lebenslanger Prozess) und mag mir das auch nur bedingt von meinen Mitmenschen anhören.
Beides führt dazu, dass ich den Ruf einer Spaßbremse bekomme. Ein Stück weit stimmt das auch: ich werde ernster, nachdenklicher. Ich achte eher darauf, was ich tue und sage. Und gerade in den wilden Spaßphasen habe ich ja oft Dinge getan und gesagt, die mir heute leid tun. Ich weiß auch gar nicht, ob ich diesen Spaß brauche. Glücklich sein und zufrieden, humorvoll und warmherzig, das sind meine Ziele, aber nicht unbedingt spaßig.
Das macht einsam. Das auch, weil ich durch meine oberflächliche Art über Jahre Menschen verschreckt habe, die mich vielleicht hätten auf diesem Weg begleiten können. Ich werde Geduld brauchen. Und das erste Mal in meinem Leben habe ich den Wunsch, diese Geduld auch zu entwickeln. Es bleibt spannend.
Salam aleikum,
AntwortenLöschenuff, endlich schaffe ich mal hier zu kommentieren, mit meinem wordpress-Konto will das immer nicht klappen.
Als mir kommt es sehr bekannt vor was Du schreibst, wobei sich bei mir einiges erleichtert hat weil ich den Wohnort gewechselt habe und zwar gleich richtig weit. Hier habe ich gleich einen muslimischen Freundeskreis gehabt und Kollegen die mich so kennengelernt haben. Wer sich nicht verändert im Islam, hat aber auch nicht verstanden, dass wir genau dazu auf der Welt sind: um uns zu entwickeln und zu verbessern. Inschallah hast Du immer verständnisvolle Menschen um Dich! Wassalam, Meryem